THEODOR ALBERTUSMAGNUS FREY
EXPERIMENTE ZUR GESTALTWERDUNG
SEITEN VON
MOOSBURG
ROMANIK
trifft sich mit
am Übergang zur Renaissance
Wie an vielen sakralen Orten lassen sich auch im Raum der Moosburge Kastaluskirche die wechselnden Zeiten erfahren. Vom 8. bis zum 12. Jahrh. befanden sich auf dem Areal kleinere vorromanische Kirchen. Aus Tuffsteinquadern wurde um die Mitte des 12. Jahrh. eine dreischiffige Basilika errichtet. Davon zeugt vor allem noch das romanische Portal an der Westfassade. Nach einem Brand wurde wiederum als dreischiffige Basilika mit Backsteinen eine größerer Bau geschaffen, der 1212 eingeweiht wurde. Die Erweiterung um den prägenden spätgotische Chor erfolgte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. und wurde am Beginn des 16. Jahrh. durch den Hochaltar von Hans Leinberger (geboren um 1470/1480, gestorben 1531 ) komplettiert. An einzelnen Details des Schnitzwerkes der Seitenflügel lassen sich Elemente der beginnenden Renaissance erkennen. Die Neugotik des Historismus hinterlies in der Mitte des 19. Jahrh. vor allem bei den Seitenaltären ihre Spuren. Das 20. und 21. Jahrh. zeigt sich in der gelungenen Gestaltung des Altarraums nach den Vorgaben des II. Vaticanums.
ROMANIK
trifft auf
romanisches TYMPANON (vor 1184)
Gefangennahme des heiligen Castulus
Der gestufte Schrein hatte höchstwahrscheinlich Seitenflügel, mit denen er geschlossen werden konnte. Um einen Eindruck davon zu erhalten, wurde hier versucht, die vorhandenen Tafeln mit der Vita des Hl. Kastalus optisch anzubringen. Die heutige farbige Fassung löste wahrscheinlich die ursprüngliche, nußbraune, monochrome Fassung ab. Ursprünglich waren die Details der Schnitzkunst, der aus Lindenholz gestalteten Figuren, noch besser zu erkennen. Auch ergab sich dadurch ein einheitlicher Gesamteindruck.
Rosenkranzmadonna Landshut, Sankt Martin und Kastulus, 1516-1518 Lindenholz - 2,50 m
Maria mit Kind Moosburg, Sankt Kastulus, Mittelschrein, 1511-1514
Die stark bewegten Faltenwürfe sind in der „Y“ - Form gestaltet. Unter dem Gewand lugen Engelchen hervor.
Auf dem romanischen Tympanon mit Christus als segnender Herrscher in der Mitte ist von links zu sehen:
Kniend Kaiser Heinrich II. , Maria als Gottesgebährerin („Theodokos“), Hl. Kastulus mit Märtyrerpalme und Bischof Albert I.
Am Leinbergeraltar sind der Hl. Kastulus links neben der „Himmelkönigin“ und Heinrich II. rechts, die zentralen Figuren des Schreins.
Was können uns die Räume und die Kunstwerke, die aus christlicher Tradition entstanden sind, heute noch vermittel? Ist es nicht einengend, von „Christlicher Kunst“ zu sprechen. Christlich ist die künstlerische Gestaltung von christlichen Glaubensinhalten und ihrer theologischen Interpretation, die aus dem Kunstverständnis der jeweiligen Epochen hervorgegangen sind. Aber was steht heute im Vordergrund, was spricht uns heute noch an. Kaum noch Zugang finden wir zu den braven, oft heroischen, tapferen Legenderzählungen der Heiligen, vielmehr spricht uns nur noch die künstlerische, ästhetische Qualität an. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, welchen Beitrag der Historismus der 19. Jahrh., der sich auf die Stilrichtungen der Vergangenheit bezieht, zur künstlerischen Gestaltung beitragen konnte. Darüber bietet St. Kastulus gute Vergleichsmöglichkeiten. „Jedes Kunstwerk ist Kind seiner Zeit. Oft wird es zur Mutter unserer Gefühle" (Wassily Kandinsky 1912 in „Das Geistige in der Kunst" ). Eine Verengnung im kirchlichen Raum auf Kunstwerke christlicher Thematik und des kirchlichen Gebrauchs verschießt aber heute mehr denn je die Kunst, die versucht eine Öffnung zum Transzendentalen herzustellen. In der Epoche von ca. 600 bis 1300 überragten Werke mit christlichem Bezug alle anderen Themen. Vor allem die Handschriften aus den Klöstern, die Altarbilder und Plastiken in Kirchen vermitteln uns einen Eindruck des Mittelalters. Doch dann, vor allem auch am Übergang von der Spätgotik zur Renaissance , nahm die Gestaltung profaner Inhalte erheblich zu. Das Thema der Kunst im christliche Raum, trat immer mehr in den Hintergrund. Die existenziellen Fragen nach Sinn, nach Liebe, Leid und Tod, nach Heil und Unheil, sind Fragen, die nur im religiösen und kirchlichem Milieu aufgegriffen werden, es sind Fragen, die die Kunst mit ihrer eigenen Gestaltungsmitteln aufgreift. Versuche im kirchlichen Raum diesen Themen einen zeitgenössischen Ausgruck zu verleihen sind gegeben, werden aber zu wenig verwirklicht. Die Kirche sollte auf diesem Gebiet mehr wagen, auch Anstoss erregen und zur Auseinandersetzung einladen.
Andrea Viehbach (*1963) lebt und arbeitet in Waidhofen, Landkreis Neuburg – Schrobenhausen Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München In St. Maxilmilian Kolbe in München: Marienbild aus Projektionen von Fotos heutiger Mütter
KUNST 12. Jahrh. - 21. Jahrh.
Weitere Werke von Leinberger: Erding, Pfarrkirche St. Johann, Chorbogenkruzifix um 1525 Furth bei Landshut, Pfarrkirche St. Sebastian: Muttergottes mit Kind um 1510/1520 Landshut, Pfarrkirche St. Nikola: Christus in der Rast, um 1523 München, Bayerisches Nationalmuseum: Kreuzigung Christi; hl. Maria Magdalena ; thronende Muttergottes mit Kind ; trauernde Maria Regensburg, Stiftspfarrkirche St. Kassian: Schöne Maria Straubing, Friedhof St. Peter, Agnes-Bernauer-Kapelle: Epitaph des Johann Walkheimer († 1529)
„Ist die Unruhe über das Woher und Wohin, Materie und Geist, Endlichkeit und Unendlichkeit im ungläubigen Staunen über dieses mysteriöse – und nicht bloß rätselhafte – Universum wirklich erloschen? Oder fehlt es einzig an innovativer Kraft, um das schwierige Nachdenken zu inspirieren? Wo sind die sokratischen Hebammen, die zusammen mit den Leuten fürs Selber-Fragen und Selber-Erkennen mutig hinabsteigen ins Dunkle des Mysteriums von Sein, Werden und Vergehen, um es als Dunkles auf paradoxe Weise zu lichten? […] Wo sind die geistlichen Hebammen, um die schwere Gottesgeburt, die jeder einzig für sich vollziehen kann, zu unterstützen? Wer bringt im großen Vergessen die Vergessenden auf die Spur des UNBEKANNTEN GOTTES? […] Der UNBEKANNTE ist in vielfachem Widerspruch zur heutigen wissenschaftlich geprägten Welterfahrung allerdings kirchlich-dogmatisch korrekt zum Altbekannten domestiziert, minimiert worden.“ Kommentar in Christ in der Gegenwart von Johannes Röser (3.10.2021)
Josef Furtmeier geboren 1887 in Moosburg, gestorben1969 in Freising Einer der Mentoren der Weißen Rose, insbesondere von Hans Scholl. Sophie Scholl nannte ihn liebevoll den „Philosophen“. Er weigerte sich den Hitler-Gruß zu zeigen, trat keiner nationalsozialistischen Organisation bei und wurde Im Oktober 1933 vom Dienst suspendiert. 1941 bekam Hans Scholl Kontakt zu ihm über Carl Muth und Alfred von Martin (1882 -1979 in München; Historiker und Soziologe). Durch den unbeugsamen Querdenker lernte Hans Scholl auch Manfred Eickemeyer kennen, in dessen Schwabinger Atelier die Flugblätter der "Weißen Rose" gedruckt wurden. Sophie und Hans Scholl trafen sich regelmäßig mit ihm. Über ein Gespräch am 4. Juni 1942 berichtete Sophie Scholl: da wurde ein dreistündiges, pausenloses und anstrengendes Gespräch geführt.“ Er diskutierte mit ihnen über Gerechtigkeit, Toleranz und Menschenwürde und lieferte ihnen wesentliche Bausteine für die Begründung der Notwendigkeit von Meinungsfreiheit und für das Recht, gegen das Nazi-Regime aufzubegehren. Furtmeier gab in der Nachkriegszeit an, dass er mit Hans Scholl auch über die Legitimität des Tyrannenmordes gesprochen habe. Nach der Verhaftung der führenden Mitglieder der Weißen Rose war auch Furtmeier einige Zeit in Gestapo-Haft. Im Mai 1945 wurde er kommissarischer Bürgermeister der Stadt Moosburg. Er begann Ermittlungen gegen ehemalige Mitglieder der NSDAP. Auf der Gedenkfeier für die Opfer der Weißen Rose im Jahr 1945 in München hielt er neben Romano Guardini – eine Rede.
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